Dr. habil. Lars Schwettmann1, Dr. Michael Laxy1,2
1Institut für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen, Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Neuherberg
²Deutsches Zentrum für Diabetesforschung (DZD), Neuherberg
Hintergrund und Zielsetzung
Die Eindämmung der Volkskrankheit Typ-2-Diabetes mellitus (T2DM) gehört zu den größten gesundheitspolitischen Herausforderungen in Deutschland. Hinsichtlich der Charakteristika von an T2DM erkrankten Personen ist die Erkenntnislage bereits gut. So erkranken beispielsweise Personen mit einem niedrigeren sozioökonomischen Status oder in deprivierten Regionen lebend überproportional häufig an T2DM. Weniger bekannt ist jedoch über die Merkmale von Personen mit einem erhöhten Krankheitsrisiko (vorliegender Prädiabetes) oder mit einem unerkannten T2DM. Auch hinsichtlich des Selbstmanagement-Verhaltens und der Versorgungsqualität von Personen mit diagnostiziertem T2DM existiert wenig Evidenz. Ziel dieses Projektes ist es, Personengruppen mit (1) einem erhöhten Erkrankungsrisiko für T2DM (Prädiabetes), mit (2) einem unerkanntem T2DM, sowie (3) Patienten mit einem schlechten Selbstmanagement und einer schlechten Versorgungsqualität zu identifizieren und zu charakterisieren.
Vorgehensweise
Als Datengrundlage dienen selbsterhobene qualitätsgesicherte Daten aus zwei Follow-Up Untersuchungen/Befragungen der bevölkerungsrepräsentativen KORA-Plattform (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg). Es liegen sowohl medizinisch erhobene wie auch selbstberichtete Daten (z.B. zum sozioökonomischen Status) vor. Mittels multivariater statistischer Verfahren unter Berücksichtigung relevanter Kovariablen sowie der Stratifizierung nach Alter und Geschlecht sollen demografische, sozioökonomische und regionale Faktoren identifiziert werden, welche mit den relevanten Zielparametern assoziiert sind.
Ergebnisse
Hinsichtlich aller drei genannten Zielgruppen ließen sich Faktoren identifizieren, die mit einem höheren Risiko assoziiert sind. Männer, ältere Menschen, Personen mit hohem BMI oder großem Taillenumfang und Probanden mit einem elterlichen Diabetes wiesen sowohl (1) in der Gruppe der bisher nicht an Diabetes Erkrankten ein größeres Prädiabetesrisiko als auch (2) unter den Personen, für die bisher keine Diabeteserkrankung festgestellt wurde, häufiger einen unerkannten T2DM auf. Zudem trat Prädiabetes häufiger in städtischen Wohnregionen auf. Andere Faktoren, wie Bildungsstand oder sozioökonomischer Status, zeigten keine Unterscheide. War ein T2DM diagnostiziert (Gruppe 3), so war die Qualität des Selbstmanagements kaum mit soziodemografischen Eigenschaften assoziiert, wohl aber mit dem Stadium der Erkrankung (ablesbar an der Behandlung mit oder ohne Insulin). Neben typischen krankheitsbezogenen Charakteristika, wie Adipositas, Diabetesdauer oder dem Auftreten von Komplikationen, war die Teilnahme an einer Diabetikerschulung insbesondere in frühen Erkrankungsstadien mit einem guten Selbstmanagement assoziiert.
Relevanz für die Nationale Aufklärungs- und Kommunikationsstrategie
Eine zielgerichtete Aufklärungs- und Kommunikationsstrategie ist wichtig, um T2DM-Erkrankungen zu verhindern bzw. zu verzögern, und um eine effektive Behandlung und Versorgung von Erkrankten zu ermöglichen. Die Identifizierung vulnerabler Gruppen spielt für die Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention eine essentielle Rolle, um präzise Maßnahmen im Rahmen der „Nationalen Aufklärungs- und Kommunikationsstrategie zu Diabetes mellitus“ der BZgA auf spezifische Gruppen ausrichten zu können.
Fazit des Projektes
Die Ergebnisse zeigen, dass sich Risikogruppen mithilfe einfach zu ermittelnder Parameter identifizieren lassen. Diese Erkenntnisse ermöglichen es, effektive Präventionsmaßnahmen zielgerichtet und effizient zu initiieren. Ein Ansetzen bereits im Prädiabetesstadium ist bisher weniger verbreitet, doch zeigen die Projektergebnisse mögliche Ansatzpunkte auf.